Rund Korsika

Törnbericht: Rund Korsika| September / Oktober 2007 | Yacht: Gib Sea 43 „Starlight III“ | Charteryacht | Time Charter

Samstag, 29.09.

Wir kommen völlig erledigt am späten Nachmittag an der Marina de Salivoli bei Piombino an. Wir sind eine Crew von sechs Personen plus Skipper, die sich gestern im Nachtzug Richtung Mailand getroffen und dort leider kaum geschlafen hat. Wie immer ist das Schiff erst einmal nicht zur Übergabe bereit, so dass wir die Zeit für Einkäufe nutzen.

Die "Starlight III" in Salivoli

Die „Starlight III“ in Salivoli

Endlich ist unsere Yacht bezugsfertig. Unser Skipper hat schon im Voraus die Kabinen, die Wachen und die Backschaft eingeteilt, so dass jetzt jeder weiß, wo er hin muss. Alle sind heiß aufs Segeln. Aber ein Crewmitglied fehlt noch. Da sein Flieger erst gegen 19.00 Uhr landen soll und die Fahrt von Pisa nach Piombino auch noch seine Zeit braucht, wird beschlossen erst am nächsten Tag abzulegen und den Abend zum geselligen Beisammensein zu nutzen.

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Sonntag, 30.09.

Nach einer ruhigen Nacht im Hafen sitzen wir ausgeruht zum Frühstück im Cockpit. Die Mannschaft ist komplett, die Stimmung gut. Gegen 10.00 Uhr können wir ablegen. Wir lassen Piombino mit seinem Stahlwerk gerne hinter uns und genießen den Blick auf die wunderschöne Insel Elba. Diese lassen wir an Backbord liegen und nehmen Kurs auf Kap Corse.

Ein herrlicher Segeltag liegt vor uns. Bei strahlendem Sonnenschein und idealem Segelwind gleiten wir über das blaue Meer. Die See ist ruhig, die Temperatur angenehm und die zehn Grad Kälte und der Regen, die uns über Handy von zu Hause gemeldet werden, lassen uns das schöne Wetter hier noch mehr genießen.

Entlang der Küste von Korsika

Entlang der Küste von Korsika

Jeder der möchte, darf einmal ans Ruder. Die anderen liegen einfach in der Sonne. Wir gehen während der Fahrt schwimmen und machen Fenderreiten. Es ist herrlich! Wir passieren die kleine Insel Capraia und dann ist auch schon Korsika in Sicht. Wohin der Skipper will, sagt er nicht so recht. Vielleicht weiß er es auch noch nicht so genau und möchte erst einmal sehen, wie weit er kommt. Auf jeden Fall werden wir heute Abend keinen Hafen anlaufen. Es kristallisiert sich heraus, dass ich außer dem Skipper fast der Einzige an Bord bin, der einen Segelschein besitzt. Gerade vor einem halben Jahr habe ich meinen Sportküstenschifferschein gemacht und jetzt sieht es so aus, als müsste ich heute Nacht das Schiff führen.

Sopnnenuntergang

Sonnenuntergang

Die Sonne verabschiedet sich wunderschön hinter den Bergen Korsikas. Als es dunkel wird, gehe ich schon einmal in die Koje, denn – wie ich befürchtet habe – bin ich für die berüchtigte Hundewache zwischen 02.00 und 05.00 Uhr eingeteilt, wenn der Skipper schlafen muss. Die Morgenwache, wenn es dämmert, übernimmt dann ein Crewmitglied mit Sportbootführerschein See. Natürlich mache ich kein Auge zu. Erst gegen 01.30 Uhr falle ich in einen kurzen Schlaf, der dann aber schnell wieder unterbrochen wird.

Montag, 01.10.

Ich bekomme eine kurze Übergabe von Position und Wind, den Kurs und das ungefähre Ziel. In Erinnerung an die kalten Nächte auf der Ostsee im Juni ziehe ich mir Fleecepulli und Ölzeug an. Natürlich werden Schwimmwesten angelegt und wir picken unsere Lifebelts ein. Nachts soll auf keinen Fall jemand über Bord gehen.

Mir zur Seite stehen zwei noch greenhornigere Greenhorns als ich. Die beiden sind zwar schon oft mitgesegelt, haben dabei viel mitbekommen und können eine Position bestimmen, aber von Leuchtfeuern, Tonnen und Lichterführung verstehen sie nicht viel. Sie melden mir einfach, wenn sie ein Licht sehen, und ich versuche es zu deuten. Zum Glück liegt ja die Prüfung für den Sportküstenschifferschein – wie erwähnt – noch nicht lange zurück und ich weiß noch einiges.

Die Nacht ist sternenklar und mild. Es weht ein leichter raumer Wind. Das Schiff gleitet ruhig dahin und macht mit vier Knoten nur wenig Fahrt. Mir wird warm und ich ziehe Öljacke und Fleecepullover wieder aus. Irgendwann fällt die Fock ein. Der vom Skipper vorgegebene Kurs ist unter Segeln ohne die Gefahr einer Patenthalse nicht zu halten. So kommen wir nicht um das nächste Kap herum. Das Boot dümpelt sowieso nur noch mit zwei bis drei Knoten vor sich hin. Das Groß schlägt in den kleinen Wellen. Also entscheide ich, dass wir die Genua einrollen und den Motor anschalten. Davon wird der Skipper wach, schaut nach, ob alles in Ordnung ist und legt sich beruhigt wieder schlafen.

Wir haben jetzt unter Motor das Toplicht gesetzt. Der Schiffsverkehr nimmt langsam zu und wir müssen noch mehr aufpassen, dass uns keiner vor den Bug fährt. Bei der Festbeleuchtung auf den Fähren und den hell erleuchteten Aufbauten der Frachter sind deren Positionslampen meist gar nicht zu erkennen. Meine Assistenten erledigen ihre Aufgaben trotzdem mit Bravour. So können wir um kurz vor 05.00 Uhr die Morgenwache wecken und das Schiff an sie übergeben. Ich falle in meine Koje, kann aber nicht sofort einschlafen.

Um 07.00 Uhr bin ich schon wieder wach und schaue aus der Luke der Vorschiffskabine. Es dämmert, aber die Sonne ist noch nicht aufgegangen. Wir fahren auf die Küste zu und nehmen Kurs auf L’Île-Rousse. Je näher wir kommen, desto mehr fragen wir uns, warum wir dort eigentlich anlegen sollen. Also drehen wir nach kurzer Besprechung ab und segeln einfach weiter. So langsam wird der Plan des Skippers klar: Er will rund Korsika. In einer Woche.

Ich lege mich wieder in meine Koje, aber eigentlich ist es viel zu schade, die Zeit an Bord zu verschlafen. Vor uns liegt ein herrlicher Segeltag. Die Sonne scheint, ein leichter Wind treibt uns vor sich her und die raue Küste Korsikas zieht an Backbord vorüber. Durch das Wachsystem sind alle Aufgaben klar verteilt. Die Stimmung ist und bleibt gut und so können wir die Fahrt genießen.

Das Ziel für heute ist der Golfo di Girolata. Auf einer Felsnase thront eine kleine Festung, hinter der sich eine wunderschöne geschützte Bucht verbirgt. Es dauert eine kleine Ewigkeit bis die Einfahrt endlich auftaucht. Wir werden gleich von einem Mann im Schlauchboot in Empfang genommen, der uns sagt, dass wir hier erst warten müssen. Vor uns sind noch andere Yachten dran. Nach kurzer Zeit werden wir aber zu einem Bojenfeld begleitet und müssen jeweils mit Bug und Heck an einer Boje festmachen. So wird verhindert, dass das Boot hin- und herschwoijt, und es können viel mehr Yachten auf dem engen Raum untergebracht werden – ganz ohne Bruch und verhedderte Anker. Nebenbei wird so auch der Ankergrund geschont. Wie eng es hier im Sommer während der Hochsaison ist, kann man sich leicht vorstellen.

Golfo die Girolata

Golfo die Girolata

Nach dem Abendessen besteigen wir das Dingi und können nach zwei Tagen das erste Mal wieder Land betreten. Wir laufen durch den kleinen Ort hoch zur Festung. Der Blick die Küste entlang im Abendlich ist atemberaubend. Zurück auf unserer Yacht lassen wir den Tag im Cockpit beim Sundowner ausklingen.

Dienstag, 02.10.

Girolata

Girolata

Die Nacht an den Bojen ist ruhig und erholsam. Die Crew geht vor dem Frühstück baden. Kurz nach 10.00 Uhr soll wieder abgelegt werden. Beim Lösen der Vorleine rutscht mir meine Sonnenbrille trotz Sicherungsband von der Nase. Sie sackt in Zickzackbewegungen in das vier Meter tiefe Wasser. Der ganze Grund ist mit Seegras bewachsen und ich sehe die Brille schon für immer darin verschwinden, aber sie landet auf einem kleinen sandigen Fleck. Ich belege die Vorleine wieder und bitte den Skipper tauchen zu dürfen. Ich darf! Nach dem ersten Tauchgang heißt es: Brille gefasst!

Wir folgen der Küste nach Süden. Wieder liegt ein herrlicher Segeltag mit blauem Himmel vor uns. Eine kurze Flaute wird genutzt, um klar Schiff zu machen. Dann geht es aber auch schon weiter. Die Küste zieht an uns vorbei, jeder hängt seinen Gedanken nach und genießt die Zeit an Bord. Unser Ziel für heute heißt Ajaccio. Wir wollen dort aber nur kurz anlegen, um einzukaufen und Wasser nachzufüllen. Ajaccio ist die Hauptstadt Korsikas und hat einem großen Hafen. Riesige Kreuzfahrtschiffe und Fähren liegen mit dem Bug an der Pier und entlassen ihre Fracht in die Stadt. Ich brauche ein bisschen Ruhe für die nächste Nacht und bleibe an Bord, während sich die anderen um den Einkauf kümmern.

Es dämmert schon, als wir wieder ablegen. Eins der großen Kreuzfahrtschiffe gibt drei kurze Töne, als wir gerade sein Heck passieren wollen. Es arbeitet rückwärts und lässt sich dabei von einem Boot des Hafenpiloten sichern. Wir fahren Kringel. Nichts passiert. Wir fahren weiter Kringel. Es passiert immer noch nichts. Der Skipper gibt Kommando durchzufahren. Keine gute Idee: Sofort schießt der Hafenpilot auf uns zu und schneidet uns scharf. Seine Heckwelle schwappt über unseren Bug, aber wir kommen vorbei. Wir können jetzt geradeaus unter Motor aus der riesigen Bucht hinausfahren. Das Kreuzfahrtschiff, das endlich abgelegt hat, muss wegen seinem größeren Tiefgang dem Fahrwasser folgen und südlich von uns einen Bogen fahren. Als es uns als die Idioten erkennt, die ihm gerade den Weg abgeschnitten haben, gibt es vorsichtshalber einen sehr lauten kurzen Ton um anzuzeigen, dass es gleich seinen Kurs nach Steuerbord ändern will.

So fahren wir wieder in die Nacht hinein und können draußen auf dem offenen Wasser endlich die Segel setzen. Ich lege mich bald in meine Koje, denn mir steht wieder die Hundewache bevor.

Mittwoch, 03.10.

Kurz nach 02.00 Uhr übernehme ich nach kurzer Übergabe die Wache. Die Nacht ist wieder mild mit einem leichten Wind. Kaum Welle. Je südlicher wir kommen, desto mehr Schiffsverkehr gibt es. Auch die Schiffe, die uns aus Ajaccio folgen, gilt es zu beachten.

Leuchtfeuer, Gefahrentonnen und Positionslampen sind auseinander zu halten und zu bestimmen – so viel wie in diesen drei Stunden habe ich in den ganzen Segelkursen vorher nicht gelernt. Es war eine sehr große Verantwortung, aber auch eine tolle Erfahrung.
Um kurz nach 05.00 Uhr falle ich in meine Koje, bin aber um kurz nach 07.00 Uhr schon wieder wach. Angeblich steuern wir schon Bonifacio an, aber davon ist nicht mehr zu sehen als eine kleine Erhebung oben auf den Felsen. Eine riesige Fähre brummt genau auf diese Felswand zu. Irgendwo da muss die Einfahrt sein, aber auch nachdem das große Schiff wie verschluckt ist, können wir die Bucht noch nicht erkennen.

Anfahrt Bonifacio

Anfahrt Bonifacio

Endlich liegt sie vor uns und Bonifacio thront darüber. Ein erhebendes Gefühl hier einzulaufen. Das Anlegemanöver klappt perfekt! Unser Heck liegt mit Blick auf die Stadt. Nach einem kurzen Frühstück ruhen sich erst einmal alle aus, bevor es nach vier Tagen endlich wieder eine Dusche gibt. Nach meinen Erfahrungen mit den sanitären Anlagen im letzten Jahr benutze ich lieber die Dusche an Bord. Dabei wird das von sieben Personen benutzte Bad gleich einmal mit abgebraust. Heute ist Ruhetag.

Weil ich letztes Jahr drei Tage hier eingeweht war und daher die Stadt gut kenne, bleibe ich erst einmal an Bord. Ich hoffe nur, dass dieses Jahr nicht wieder das Gleiche passiert. Übermorgen muss die Yacht wieder in Piombino sein, aber die Straße von Bonifacio bleibt Gott sei Dank ruhig.

Am Abend essen wir fürstlich in einem der Höhlen-Lokale unten am Hafen und lassen diesen Tag feucht-fröhlich in den Bars mit Blick auf die Altstadt ausklingen.

Donnerstag, 04.10.

Bonifacio

Bonifacio

Weil es gestern doch später geworden ist, braucht die Crew am Morgen etwas Zeit um anzuspringen. Nach und nach schälen sich alle aus ihren Kojen, um am Frühstück teilzunehmen. Jetzt macht es sich bezahlt, dass wir gestern das Heck in Richtung Stadt gelegt haben. Die Sonne scheint, auf der Hafenpromenade geht es quirlig zu und der Kaffee weckt auch unsere Mannschaft langsam auf. Am späten Vormittag heißt es Leinen los. Wir verlassen diesen schönen Hafen in die Straße von Bonifacio. Diese zeigt sich heute von ihrer zahmen Seite. Es weht ein herrlicher Segelwind. Draußen vor der Stadt liegt das uns aus Ajaccio bekannte Kreuzfahrtschiff auf Reede. Wir winken, bekommen aber keine merkliche Reaktion zurück. Das Boot gleitet bei herrlichem Sonnenschein leicht geneigt über die ruhige See. Die Wache geht ihren Aufgaben nach, die Freiwache genießt den wunderbaren Segeltag. Je weiter wir aus der Enge zwischen den beiden großen Inseln hinausfahren, desto weniger Yachten begleiten uns.

Plötzlich taucht eine Schule Delfine neben unserem Schiff auf und begleitet uns ein Stück. Ich setze mich auf den Ankerkasten am Bug und schaue ihnen zu, wie sie elegant unter uns hergleiten. Sie müssen sich dafür scheinbar kaum anstrengen. Das Eintauchen des Bootsrumpfes und ihr Auftauchen zum Atmen bilden einen unvergesslichen Rhythmus. Einer von ihnen legt sich auf die Seite und schwimmt zu mir hinaufschauend mit uns mit. Ich winke. Vielleicht ist es jemand aus einem vorherigen Leben. Ein kurzer kräftiger Flossenschlag und sie sind verschwunden.

Langsam bezieht sich der Himmel. Um die Sonne bildet sich ein Halo. Für Mallorca ist schon schlechtes Wetter gemeldet, das auch bald hierhin ziehen soll. Wir fahren ihm erst einmal davon. Es dämmert, der Wind schläft langsam ein und unser Abendbrot müssen wir schon unter Motor einnehmen. Unter Segeln sind wir einfach zu langsam, um Piombino bis morgen Nachmittag zu erreichen. Ich lege mich wieder früh in die Koje, um fit für meine Hundewache zu sein.

Freitag, 05.10.

Wir sitzen wieder zu dritt in der dunklen Nacht. Unter uns knattert der Motor und wir fahren Kurs auf Elba zu. Dazwischen liegen Eilande wie Montecristo und Pianosa. Von diesen sieht man jetzt aber nicht mehr als ihre Leuchtfeuer. Wir befinden uns in einem stark befahrenen Seegebiet. Die Fähren von und nach Porto Vecchio, Bastia, Olbia und sogar Barcelona kreuzen unseren Weg – außerdem unzählige Frachtschiffe. Am Horizont tauchen Lichter auf, die ich zuerst für Städte am Ufer halte, die dann aber sehr schnell näher kommen und sich als hell erleuchtete Fahrgastschiffe entpuppen. Die Positionslampen sind – wenn überhaupt – erst kurz, bevor sie unseren Kurs kreuzen, zu erkennen. Es ist aufregend, aber ich werde immer müder. Bei Wachwechsel um 05.00 Uhr kann ich kaum noch eine vernünftige Schiffsübergabe machen. Ab in die Koje!

Als ich aufwache, ist es schon heller Tag. Der Himmel ist wieder aufgeklart. Inzwischen konnten auch wieder Segel gesetzt werden und wir gleiten ruhig in Richtung Elba. Dort legen wir in Porto Azzurro einen Zwischenstopp ein, setzen uns auf die Piazza, essen Eis und schlendern danach etwas durch die Gassen. Dann heißt es aber leider Ablegen und der letzte Teil unserer Reise beginnt. Am frühen Abend liegen wir wieder in der Marina Salivoli bei Piombino fest.

Es war ein wunderschöner Törn, auch wenn man sich für die Fahrt um Korsika gerne mehr Zeit nehmen sollte. Es gibt so viel zu sehen. Für die Düse in der Straße von Bonifacio ist vielleicht doch besser ein paar Puffertage einzuplanen. Ich habe ich viel gelernt – besonders auf den Nachtfahrten, die aufregend und spannend waren.

Du planst einen Segeltörn und weißt nicht welche Ausrüstung Du dafür brauchst? Dann lies jetzt meine Artikel zum Thema: „Erstausstattung Segeln“