Als wir auslaufen, kommt uns der kräftige Wind aus Richtung Kap Arkona entgegen, genau daher, wo wir heute als erstes hinwollen. Der Seegang ist noch moderat, da wir uns in der Abdeckung befinden.Wir rechnen aber oben am Kap wieder mit hohen Wellen, die sich von Schweden bis dorthin aufgebaut haben dürften. Wir setzen also schon mal das noch von gestern gereffte Großsegel, obwohl wir bis zum Kap unter Motor fahren wollen. Zum Kreuzen fehlt uns auf diesem langen Schlag jetzt einfach die Zeit.
Das Kap kommt langsam näher, die Wellen werden wie erwartet höher und durch den Kapeffekt zudem konfus. Jetzt freuen wir uns, dass wir das Segel schon gesetzt haben, denn unter diesen Bedingungen hat keiner Lust dazu. Der Leuchtturm liegt schon weit hinter uns, als es endlich so aussieht, als könnten wir um das Kap herum segeln.
Wir gehen auf Backbordbug und sofort wird das Schiff ruhiger. Wir rollen die Fock ein Stück aus und schalten den Motor ab. Es bleibt weiter anspruchsvoll. Die Wellen sind beeindruckend hoch und der Wind pendelt zwischen 5 und 6 Beaufort. Ständig kommt Wasser über, das Boot krängt stark und einigen an Bord wird es wieder flau in der Magengegend. Als das Kap umrundet ist, fallen wir etwas ab und die Situation entspannt sich ein wenig, aber es liegen noch viele Stunden Fahrt vor uns.
Wir haben jetzt den Kurs auf die Gefahrentonne „Darßer Ort O“ angelegt, die Nordküste Rügens zieht an uns vorbei, danach kommt wieder Hiddensee und dann lange nur noch Wasser.
Inzwischen ist es bedeckt und es fühlt sich auch irgendwie kalt und feucht an. Fischland-Darß kommt über Stunden ganz langsam näher und auf Höhe von Zingst überquert uns eine dunkle Wolkenfront, nach deren Durchzug der Wind plötzlich auf West dreht. Wir können unseren Kurs nicht mehr halten und fahren immer tiefer in die Bucht hinein, anstatt auf das Kap zuzuhalten. Es baut sich in kürzester Zeit eine neue Windsee auf, die jetzt gegen die alte Dünung läuft. So entsteht eine hässliche Kreuzsee, die unsere Yacht ordentlich durchschüttelt. Links und rechts, vor und hinter dem Boot spritzen immer wieder Fontänen empor, wenn sich zwei gegenläufige Wellen treffen. Eigentlich sieht es lustig aus und man könnte meinen, es handele sich um den Blas von Walen, aber es ist zu ungemütlich, um dieses Schauspiel wirklich genießen zu können. Überkommendes Wasser macht die Situation auch nicht besser. Wir würden jetzt gerne abbrechen und einfach in den Hafen im Darß einlaufen, aber das geht nur noch im Notfall.
Irgendwann müssen wir uns entscheiden, wie es weiter gehen soll. Wir sind schon sehr tief in die Bucht eingefahren und müssten jetzt kreuzen, um um das Kap herum zu kommen. Dafür haben wir eigentlich keine Zeit, denn es liegen noch viele Seemeilen vor uns. Also versuchen wir mit stehendem Segel gegen den Wind zu motoren. Das funktioniert nicht, weil der Wind jetzt genau von vorn kommt und das Groß zu schlagen beginnt. Das Segel müsste geborgen werden, aber dazu hat bei dem Seegang keiner wirklich Lust. Also versuchen wir nun doch mit einem Kreuzschlag wieder Höhe zu gewinnen.
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So schaffen wir es dann irgendwann um den Darß herum und können Kurs auf Warnemünde anlegen. Jetzt lässt der Wind nach, das Boot schaukelt heftig in der diffusen See und wird immer langsamer. Wir reffen aus, setzen sogar den Code Zero und kommen anfangs damit noch auf fast 4 Knoten Fahrt. Doch der Wind schwächt immer weiter ab, die See wird erstaunlich schnell glatt und unsere erwartete Ankunftszeit rückt auf 3 Uhr morgens vor. Schweren Herzens bergen wir die Segel und werfen den Motor an. Die Sonne geht gegen 20.30 Uhr wunderschön im Meer unter und auf der gegenüberliegenden Seite geht der Mond über dem Land auf. Es wird langsam dunkel.
Spannend wird es noch einmal, als wir uns dem Fahrwasser vor Warnemünde nähern, in das die Fähren, die eben noch neben uns fuhren, einbiegen. Wegen der hellen Decksbeleuchtung sieht man ihre Navigationslichter kaum. Zum Glück haben wir sie auf dem AIS und wissen so, wo sie entlangfahren und wie nah wir ihnen kommen werden. Endlich erreichen wir die Einfahrt zum Yachthafen „Hohe Düne“ und machen gegen 23 Uhr an unserem Liegeplatz fest.
Leider geht damit ein toller Törn in einem anspruchsvollen Seegebiet zu Ende, aber wir sind auch sehr froh, endlich angekommen zu sein und in die Koje kriechen zu können. Das nächste Mal wollen wir uns mehr Zeit nehmen und in den Häfen mindestens einen Tag Pause machen. Auf Rügen gibt es so viel zu entdecken. Eigentlich ist es viel zu schade einfach daran vorbeizusegeln. Auf diesem Törn haben wir gesehen, dass die langen Schläge nach Stralsund und zurück von Glowe aus zu schaffen sind und freuen uns schon auf das nächste Mal.
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