Der Skipper und ich schlafen noch tief und fest, als der Wecker um 6 Uhr an Bord klingelt. Der Rest der Crew trudelt gegen 7 Uhr ein und um kurz vor 8 Uhr sind wir klar zum Ablegen. Unsere Arcona 340 strahlt im Yachthafen „Hohe Düne“ mit der Sonne um die Wette und obwohl wir alle noch sehr müde sind, freuen wir uns auf den vor uns liegenden Törn.
Wir wollen in den nächsten Tagen von Warnemünde aus rund Rügen segeln. Da der auf halbem Weg liegende Hafen im Darß aus Umweltschutzgründen nur noch für Notfälle offen ist, müssen wir heute fast 60 Seemeilen bis Stralsund durchsegeln. Dafür haben wir im schlechtesten Fall 12 Stunden Fahrt eingeplant und sind daher so früh losgefahren. Wir wollen unbedingt noch im Hellen ankommen, weil wir den Stadthafen Stralsund nicht kennen. Der Wetterbericht sagt vorwiegend bedeckten Himmel voraus und westliche bis nordwestliche Winde zwischen 4 und 5 Beaufort.
Gleich vor der Hafeneinfahrt setzen wir die Segel und werden bald von einer der großen Autofähren, die von hier aus nach Gedser in Dänemark fahren, überholt. Wir umfahren die an Steuerbord des Fahrwassers liegende Schüttstelle südlich mit achterlichem Wind und können dann endlich den Kurs auf den Darßer Ort anlegen.
Der Wind hält sich an die Vorhersage. Wir kommen auf Halbwindkurs mit über 7 Knoten gut voran, der Himmel ist inzwischen bedeckt und um uns herum tanzen Schaumkrönchen auf den Wellen. Alle an Bord sind noch müde und einige Crewmitglieder zeigen Anzeichen von aufkommender Seekrankheit. Ich habe mir vorsorglich ein spezielles Pflaster hinters Ohr geklebt, das mich bis zum Schluss des Törns zuverlässig vor Übelkeit bewahrt.
Mein Glück, denn so kann ich die nächsten vier Stunden steuern, bis der Rest der Crew ausgeschlafen bzw. sich an die Schaukelei gewöhnt hat. Dabei kommt das erste Mal meine neue BR1 Segeljacke von Musto zum Einsatz und bewährt sich gut. Am Ufer ziehen Gral-Müritz, Dierhagen, Wustrow und Ahrenshoop vorbei. Die Arcona 340 schneidet ungerefft durch die Wellen und lässt sich auch durch den auffrischenden Wind und die diffuse See am Kap nicht beeindrucken. Nach Passieren der Gefahrentonne „Darßer Ort W“ fallen wir ab und nehmen Kurs auf die Südspitze von Hiddensee. Nördlich von uns liegt ein großer Windpark im Meer.
Wind und Wellen laufen jetzt fast genau achterlich aufs Heck und das Schiff kommt ins Rollen. Wir segeln gerade noch einen Raumwindkurs, aber das Boot wird immer wieder in den Wellentälern abgebremst und das Heck auf die falsche Seite gedrückt. Die Gefahr einer Patenthalse nimmt zu! Mehrmals kommt der Baum schon bedrohlich weit herüber und kann nur durch heftiges Gegensteuern wieder an seinen Platz zurückgeschickt werden. Durch die Schaukelei gerät die Fock immer wieder in die Abdeckung vom Groß und fängt an zu schlagen. Das nervt und tut dem Material nicht gut. Da wir gut in der Zeit liegen, rollen wir das Vorsegel ein und sind trotzdem noch mit bis zu 6,5 Knoten unterwegs.
Haben wir bisher nur den Hügel mit dem bekannten weißen Leuchtturm von Hiddensee aus der Ferne gesehen, so kommt jetzt langsam auch der flache südliche Teil der Insel in Sicht. Ist dieser erreicht, wollen wir in das Fahrwasser nach Stralsund einbiegen. Die Fahrrinne ist schmal und direkt daneben ist das Wasser sofort sehr flach. Da der Wind weiter aus achterlichen Richtungen kommt, bergen wir das Großsegel, rollen die Fock wieder aus und lassen uns von dort an nur noch von dieser ziehen. So vermeiden wir die Patenthalsengefahr auf engem Raum. Leider lässt der Wind dann deutlich nach und wird noch schwächer, als wir in die Abdeckung von Bock kommen. Da wir immer noch gut in der Zeit liegen, belassen wir es bei der kleineren Segelfläche. Auch die Wellen sind jetzt verschwunden und so geht es an Bord bald allen wieder gut.
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Die wunderschöne Boddenlandschaft zieht an uns vorbei, neben der Fahrrinne stehen die Seevögel im Wasser und die Spätnachmittagssonne taucht alles in ein ganz besonderes Licht. Das Fahrwasser macht jetzt bei Bahrhöft einen Knick und wir sind froh, dass wir hier nur mit der Fock und somit stressfrei unterwegs sind.
Irgendwann kommen die Rügenbrücke und Stralsund in Sicht, aber es dauert noch eine ganze Weile, bis wir die Stadt erreicht haben. Wir werden von Booten unter Vollzeug überholt, aber wir lassen uns nicht mehr dazu verleiten das Großsegel zu setzen. Langsam wird die Silhouette der Stadt größer und die Nikolaikirche und die Marienkirche sind zu erkennen. Gegen 18.30 Uhr laufen wir in den Stadthafen von Stralsund ein, finden nach kurzer Suche einen passenden Liegeplatz und können nach diesem langen und wunderschönen Segeltag endlich unser verdientes Anlegerbier genießen.
Von Stralsund nach Lauterbach →
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