Wilfried Erdmann: Ostseeblicke | Werbung

Buchbesprechung: Wilfried Erdmann – Ostseeblicke |
Buchautor: Wilfried Erdmann |
Verlag: Delius Klasing Verlag |

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Wilfried Erdmann hat im Jahr 1992 eine abenteuerliche Idee. Er will mit seiner Frau von St. Petersburg auf dem eigenen Boot über die Flüsse und Kanäle Russlands bis ins Schwarze Meer segeln. Er hat kurz nach dem Mauerfall von 1989 die mecklenburg-vorpommerische Küste mit der Jolle bereist und möchte jetzt mehr von dem sich gerade öffnenden Osten sehen. Er findet Sponsoren, kauft sich eine kleine Yacht des gerade erst gegründeten Yachtzentrums Greifswald, rüstet sie nach den zu erwartenden Erfordernissen aus und startet im Mai 1993 von der Schlei aus zu seinem Törn.

Gleich in Rodby Havn wird er eingeweht. Dass ihm dieser Fährhafen mit Sehenswürdigkeiten wie: „Geschäften, Kirche und Kro … „ eineinhalb Seiten Bericht wert sind, für eine Reise von insgesamt über 3300 Seemeilen, lässt Schlimmes ahnen. Und so kommt es denn auch. In St. Petersburg angekommen wird klar, dass er wegen der verworrenen politischen Lage in Russland und dem undurchsichtigen Beamtenapparat keine Genehmigung für seine Weiterreise bekommt. Kurz entschlossen wird aus der Tour durch die ehemalige Sowjetunion ein Törn um die gesamte Ostsee.

Seine Erzählungen bis zur Ankunft im ehemaligen Leningrad sind aus historischer Sicht sehr interessant. Er begnügt sich in Polen, Litauen und Estland nicht damit einfach in die Häfen zu fahren und diese zu beschreiben. Er versucht auch immer Kontakt zu den Einheimischen aufzunehmen und beschreibt deren oft schwierigen Lebensumstände. Ich kaufte mir das Buch 2007 nach einem Törn von Rostock nach Helsinki und war froh von all den Orten lesen zu können, an denen ich nur vorbeigehetzt war. Aber auch zu diesem Zeitpunkt hatte das Buch schon 15 Jahre auf dem Buckel und Dinge wie Briefe Schreiben und Bilder von Menschen in Telefonzellen waren einfach schon nicht mehr „up to date“.

Die Änderung der Reiserute ist dann ein herber Einschnitt im Buch. Man hat das Gefühl, dass der Autor nicht mehr so recht weiß worüber er schreiben soll. Er muss es aber, weil er wahrscheinlich den Vorschuss des Verlags für seinen Russlandbericht schon in sein Boot gesteckt hat. Er beschreibt wie er sich von seiner Frau antreiben lassen muss Fotos und Notizen zu machen. Zwei Menschen um die 50 segeln um den finnischen Meerbusen herum. Sicher ein wunderbares Erlebnis, aber aus den Alltäglichkeiten lässt sich nur schwer eine Geschichte erfinden. Seine Frau will zum Schluss die kleinen Inseln der Schären gar nicht mehr erkunden denn: „Kennst Du eine, kennst Du alle!“

Die Gefühle die der Weltumsegler Erdmann beim tuckern durch den Götakanal gehabt haben muss kann man nur erahnen. Er berichtet aber wacker von jeder Schleuse und der Beseglung der großen schwedischen Seen. Endlich wieder auf freiem Wasser geht es noch hoch nach Norwegen und über Skagen und die dänische Südsee zurück in die Schlei. Erdmann beendet seinen Bericht mit den Worten des amerikanischen Philosophen Henry David Thoreau: „Warum dann so weit reisen, wenn die gleichen Vergnügungen nahe der Heimat gefunden werden können?“

Inzwischen ist das Buch 20 Jahre alt und das merkt man ihm auch an. Es fehlen die heute üblichen dramaturgischen Ereignisse wie: Hund an Bord, Lovestory oder Gewinnspiel. Wer aber daran denkt eine längere Seereise zu unternehmen und bereit ist sich auf Erdmanns Schreibstil einzulassen, kann hier viel über Reisevorbereitungen, Segeltechnik, den Bordalltag und das manchmal schwierige Leben zu zweit (nicht nur) auf einem Schiff erfahren.

Wilfried Erdmann – Ostseeblicke
Verlag: Delius Klasing
ISBN-10: 3768824608
ISBN-13: 978-3768824606

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