Katamaran versus Monohull

KatamaranWenn man sich ein wenig mit der Fahrtenseglerszene im Internet beschäftigt, stößt man in letzter Zeit immer öfter auf Blogs von Katamaranseglern. Selbst Bobby Schenk, einer der bekanntesten deutschen Blauwassersegler, hat sich von seinem Einrumpfboot getrennt und genießt die Vorzüge des Katamarans. Ich selbst bin noch nie einen gesegelt und habe mich auch nie dafür interessiert. Ich hatte bisher die gängigen Vorurteile: „Die typische Charterschaukel für alkoholaffine Altherrencrews “, „nichts für echte Segler“ und „unsicher bis gefährlich“. Doch nachdem ich jetzt einige Interviews auf Youtube gesehen und die Vorteile kennengelernt habe, ist mein Interesse doch geweckt. Die entsprechenden Links zu den Quellen auf die ich mich beziehe, findet Ihr am Ende dieses Artikels. Wenn Ihr schon Erfahrungen mit Katamaranen gemacht habt und diese teilen wollt, würde ich mich über gut formulierte und angenehm zu lesende (Stichwort Netiquette) Kommentare freuen, die mir und allen Lesern weiterhelfen.

Was sind nun die Vorteile von einem Katamaran gegenüber einem Einrumpfboot/Monohull? Das erste was mir da einfällt ist das sagenhafte Raumangebot. Den größten Teil der Zeit verbringt der Fahrtensegler im Hafen oder vor Anker, und da ist es schön Platz zu haben. Aber auch auf See wird sich keiner darüber beschweren. Der riesige Salon der sich zwischen den Rümpfen befindet ist ein Traum. Hier kann man alles unterbringen, was das Herz begehrt. Man hat eine phantastische Rundumsicht und es ist hell, durch die großen Fenster wird der Salon aber auch schneller aufgeheizt. Die Kabinen sind meist in den Rümpfen untergebracht. Die Kojen haben oft die gleiche breite wie das Bett daheim und die Waschräume lassen sich tatsächlich als Bad bezeichnen. Dazu gibt es Unmengen an Stauraum und für Spielzeuge wie Surfbords, Tauchkompressor und Flaschen ist auch noch Platz.

Natürlich geht das zusätzliche Gewicht auf Kosten der Performance, aber da sind wir schon beim nächsten Vorteil: Die Geschwindigkeit, die man besonders auf langen und langweiligen Ozeanpassagen zu schätzen lernt. Grundsätzlich segelt ein Katamaran schneller als ein Monohull, zwischen 12 und 15 Knoten sind wohl keine Seltenheit. Aber das gilt nicht für alle Kurse gleichermaßen. Auf Vorwindkurs und Raumschots kann der Katamaran seine Vorteile voll ausspielen, auf Amwindkurs wird es da deutlich schwerer. Im folgenden Video haben die Segelyacht „Delos“ und „Wild One“ eine kleine Regatta auf der Kreuz hingelegt, und da ist Delos, eine Amel 52, dem Katamaran davongefahren.

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Aber auch die „Wild One“ schlägt sich nicht so schlecht wie gedacht. Man sieht in diesem Video auch sehr schön, dass das Wenden ihr gar nicht so viel Schwierigkeiten macht, wie man es vermuten würde. Ob das allerdings auch bei richtigem Seegang so gut funktioniert? Aber das ist Martin mit seiner „Wild One“ egal. Er geht nach dem Prinzip: „Gentlemen don’t sail upwind!“ und sucht sich seine Routen so aus, dass er das auch selten muss. Kreuzen ist nicht sein Ding. Die „Wild One“ ist ein 47 Fuß langer Performancekatamaran von Barramundi, sie ist 8 Meter breit, nur secheinhalb Tonnen leicht und gebaut in Sri Lanka. Der Skipper Martin hat der Crew der Delos auch ein sehr interessantes Interview gegeben:

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Hier kommt er z.B. auf das günstige Seeverhalten eines Katamarans zu sprechen. Muss man bei Monohull vor Fahrtbeginn alles seesicher verstauen, kann man beim Katamaran alles herum liegen lassen, ohne dass es einem nachher auf See um die Ohren fliegt. Man kann in Ruhe kochen ohne blaue Flecken zu bekommen und das Essen bleibt auch auf dem Teller. Nicht mal der Herd ist kardanisch aufgehängt. Die Crew so ist deutlich entspannter, auch weil man sich nicht ständig auf den Füßen herum steht. Es gibt mehr Privatsphäre, da die Kabinen abseits des täglichen Lebens liegen und man sich ob ihrer Größe auch gern mal dahin zurückzieht. Man kann dort verweilen ohne im Schleudergang durchgeschüttelt zu werden. Man schläft also auch deutlich besser. Man muss mit seinem Geschäft nicht warten, bis das Schiff mal wieder auf dem Bug fährt, auf dem die Toilette liegt, und der Rest der Crew wird auch weitestgehend vor den Geräuschen verschont, die dabei entstehen. Das Netz zwischen den Rümpfen am Bug ist eine riesige Liegewiese und auf dem Salondach ist massenhaft Platz für Solarpanelen. Martin hat insgesamt 500W Sonnenenergie zur Verfügung, die ihn ohne Generator völlig autark machen, trotz seiner vielen Verbraucher und dem Wassermacher.

Aber er verschweigt auch die Nachteile nicht. So muss das Ankern erst einmal geübt werden, da der Ankerkasten in der Mitte hinter dem Netz und nicht am Bug untergebracht ist. Die Kette kommt gerne einmal den Rümpfen in die Quere. Durch den günstigeren Tiefgang kann man zwar in flacheren und geschützteren Buchten ankern, aber dadurch ist auch das Schwojenverhalten anderes. Besonders in Gebieten mit Strömung richtet sich der Katamaran eher nach dem Wind als nach dem Strom, wodurch man anderen Ankerliegern, die damit nicht rechnen, gern mal in die Quere kommt. Im Hafen muss immer die doppelte Liegegebühr bezahlt werden, die zwei Motoren verbrauchen das doppelte an Diesel wie einer, zwei Rümpfe setzen mehr Seepocken an und brauchen das Doppelte an Antifouling. Überhaupt sind die Kosten höher, nicht nur bei der Anschaffung. Martin spricht auf seiner Webseite von 25000 Euro im Jahr Unterhalt für das Schiff, die er durch Kojecharter finanziert. Auch chartern ist nicht gerade billig.

Die Frage nach der Sicherheit wird im Interview auch nicht ausgespart. Martin sagt dazu, er habe sich nie auf seinem Katamaran unsicher gefühlt, sei aber auch nie in den brüllenden Vierzigern unterwegs gewesen, könne also auch nicht sagen wie es dort sei. Aber auch als er einmal bei Böen bis 40 Knoten zu spät gerefft habe sei nichts passiert. Und selbst als er es dann getan habe und dabei in den Wind schießen musste, sei in der Kurve dorthin, als er den Wind auf die volle Breitseite abbekommen habe, nichts passiert. Der Konstrukteur des Bootes habe ihm gesagt, dass es sehr schwer sei, einen Katamaran von über 42 Fuß Länge umzuwerfen. Und wenn es passiere, sei die „Wild One“ unsinkbar. (Ob das allerdings etwas nutzt, wenn man bei einer Kenterung im Luv-Rumpf auf 6 Metern Höhe herumgeschleudert wird, oder die vier Meter von einer Seite des Salons auf die andere Seite fällt?) Als Sturmtaktik wählt er meist Segel bergen und vor dem Wind ablaufen, Salon und Rigg bieten dafür genug Segelfläche. Die „Wild One“ sei auch lang genug, so dass sie sich auf hohen Wellen nicht nach vorne überschlagen würde. Freisegeln von Legerwall ist wahrscheinlich eher nicht möglich, dafür aber vielleicht das kontrollierte Beachen, wenn man denn das seltene Glück hat auf einen felsenlosen Strand zuzudriften.

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Sehr zufrieden mit ihrer Catana 431 „Morning Glory“ sind auch Arthur und Amy, die sich gerade mit ihren Kindern auf Weltumseglung befinden. Auch sie haben der Crew von „Delos“ ein Interview gegeben.

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Teil 2 des Interviews findet Ihr hier. Auch sie heben hauptsächlich die Vorteile hervor. Besonders mit Kindern sei der Katamaran sehr praktisch. Er biete viel Platz für die ganze Familie, was sich gerade beim täglichen Schulunterricht bewährt, den man auch bei Seegang bequem abhalten könne. Vor Anker würden sich dann alle Kinder der anderen Boote vorzugsweise bei ihnen treffen und abends sei die „Morning Glory“ das Partyboot mit bis zu 30 Gästen an Bord.

Sie weisen besonders darauf hin, dass man beim Katamaran sehr darauf achten muss rechtzeitig zu reffen, und zwar nicht nur wegen der Kentergefahr, sondern wegen der Belastung für das Rigg. Dieses ist zwar deutlich stärker ausgelegt als beim Monohull, aber der Katamaran krängt halt nicht, und so werden z.B. Böen nicht ausgeglichen. Die beiden reffen also strikt nach Windanzeige. Auch segele der Kat bei stärkerem Wind gerefft schneller. Sie haben ihr Boot relativ neu gebraucht gekauft, aber schon seien die Segel nicht mehr zu gebrauchen gewesen, weil die Vorbesitzer eben nicht rechtzeitig gerefft hätten und so seinen diese schnell durch den zu hohen Winddruck ausgeleiert.

Interessant ist, dass sie auf längeren Strecken auf denen sie unter Motor fahren müssen nur einen davon benutzen und trotzdem auf 5 Knoten Fahrt kommen, ohne ihn zu überlasten. Allerdings haben sie auch ein Schwert, dass sie am gegenüberliegenden Rumpf herunterlassen können und so die Kursstabilität so bei diesem Manöver erhöht. Sie weisen besonders darauf hin, welche Sicherheit es bietet 2 Motoren zu haben und so von einem Riff wegzukommen oder noch einen Hafen erreichen zu können, wenn ein Motor ausfällt.

Apropos Hafen. Ein Katamaran ist dort wegen seiner Breite recht sperrig. Doch seine 2 Motoren machen ihn recht wendig. Ich habe einige Youtube-Kanäl gefunden, wo gezeigt wird, dass man die Hafenmanöver wohl auch Einhand ganz gut fahren kann. Hier ein Beispiel:

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Einfach mal „catamaran maneuvering“ bei Youtube im Suchfeld eingeben. Ob das allerdings engen Ostseehäfen auch geht und ob es dort überhaupt Liegeplätze gibt die breit genug sind wage ich zu bezweifeln. Hat irgendjemand Erfahrung mit einem Katamaran in diesem Revier? Dann schreibt doch bitte einen Kommentar darüber.

Ein weiterer interessanter Youtube-Kanal ist „Chase the story“, auf dem Tasha und Ryan ihre Weltumseglung auf ihrer Fountaine-Pajot Helia 44 „Cheeky Monkey“ dokumentieren. Die beiden haben ihren Monohull und ihr Unternehmen verkauft und mit etwas Glück einen guten Deal mit Foutaine-Pajot gemacht, denen gerade ein Käufer für eine fast fertige Yacht abgesprungen war. Auf ihrem ersten Törn von La Rochelle nach Ibiza haben sie sich fast ein bisschen gelangweilt: „Where is the adventure?“ und man sieht sie auch selten segeln, bzw. dabei wird selten gefilmt.

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Es ist mehr ein Lifestyle Kanal wie ich finde, aber trotzdem unterhaltsam und aufschlussreich in Bezug auf das Leben auf einen Katamaran. Allerdings darf man kein Seemannschaftsfetischist sein, wenn man sich das ansehen will. Da bittet der Zoll in Gibraltar die spanische Gastlandflagge einzuholen und es wird die amerikanische gehisst, weil keine andere da ist. Bei der Überfahrt nach Marokko werden die Segel fast im Verkehrstrennungsgebiet gesetzt und sich dann über die hupenden Ozeanriesen aufgeregt die nur 50 Meter entfernt vorbeirauschen usw. Aber sie sind inzwischen trotzdem heile in der Karibik angekommen, und das haben wohl nur wenige von uns guten Seemannschaftlern bisher geschafft.

Mein persönlicher Katamaran-Favorit ist übrigens die Garcia SC48. (Die Werft hat auch die Garcia 45 für Jimmy Cornell entwickelt, der damit letztes Jahr die Nordwestpassage im zweiten Versuch durchsegelt hat. Das Boot kommt mit seinem großen Salon und seinem geringen Tiefgang übrigens am nächsten an einen Katamaran heran.) Aber zurück zur SC 48. Das Boot ist zwar pottenhässlich, aber trotzdem irgendwie geil finde ich. Nur die Grundform ist vorgegeben, ansonsten kann man sich als Eigner austoben und es mit allem ausstatten was der Yachtausrüster in den Regalen hat. Und das hat natürlich seinen Preis, der jenseits von gut und böse liegen dürfe. Aber wie es so ist: You get what you pay! Und hier bekommt man eine hochseegängige und sogar eisgängige Yacht, mit der es sich komfortabel um die Welt segeln lässt. (Leider wurde das Youtube-Video in dem die Garcia SC48 vorgestellt wurde auf privat umgeschaltet, weswegen es hier nicht mehr eingebettet ist. Fotos gibt es auf der Website von Garcia Yachting →)

So, das waren meine Gedanken zum Katamaran als Fahrtenyacht. Habe ich was vergessen? Dann schreibt mir einen konstruktiven Kommentar.

Hier die Links zu den im Artikel erwähnten Blogs und Youtube-Kanäle:
Bobby Schenk: Webseite
SV Delos: Webseite | Youtube
Wild One: Webseite
Morning Glory: Blog
Chase the Story: Webseite | Youtube
Links zu Artikeln anderer Blogger über Katamarane:
Get on Board →
Bruder Leichtfuß →